Ich habe jetzt eine Menge über unsere Nachbarn geschrieben, das bedeutet aber nicht, dass bei uns im Haus alles Friede Freude Eierkuchen war. ……….
Auch hier alles nur bis 1960, aber auch hier, Ausnahmen bestätigen die Regel. Aber was sich in der Prioreierstr. so in den achtziger, neunziger Jahren abgespielt hat, war aber nicht mehr das ruhige, stille, und nach außen hin seriöse Leben und viel interessanter, als das Leben bis ca. 1960
Im Erdgeschoss . Meine Mama, Tante Ise, (Mamas Schwester und ich.) Übrigens habe ich auch nie im Leben Mutter zu meiner Mama gesagt. Bis 1948 lebte mein Großvater mit in unserem Haushalt. Er starb dann an Krebs und war die Letzten Tage seines Lebens im Marienhospital. Ein erzkatholisches Krankenhaus in dem, glaube ich noch nicht einmal im Keller gelacht wurde. Mir machten die schwarz gekleideten Schwestern mit dem ewig kritischen Gesichtsausdruck, Angst. Ich war gerade sieben Jahre alt. Der Tod war für mich damals nichts so besonderes. Erstens Mal verstand ich noch nicht in aller Konsequenz, was der Tod wirklich bedeutete. Mein Vater war gestorben, meine Oma war gestorben, und ihre Schwester (Groß) Tante Klara war auch gestorben. Klara wohnte mit ihrem Mann Herrmann in der 1.Etage.
Einige Zeit nach dem Tod meines Opas, wurde er durch einen Drechslermeister ersetzt, was die Arbeit in der Werkstatt anging. Er hieß Robert W. und kam aus Breslau, also Flüchtling. Seine Frau war sehr früh gestorben, und er und sein Sohn waren in einem Flüchtlingslager in Clausthal Zellerfeld gelandet. Wie er zu uns vermittelt wurde weiß ich nicht. Er hat in Breslau oder Liegnitz, er hat immer von beiden Städten erzählt, eine eigene Drechslerwerkstatt besessen. Das muss eine wahre Wunder Drechslerei gewesen sein. Obwohl ich noch sehr jung war, ist mir die Schwätzerei Roberts total auf den Geist gegangen. Ich glaube die Heimat war in der Erinnerung der meisten Flüchtlinge zum Wunderland geworden. Jedenfalls habe ich Robert fast vom ersten Tage an gehasst, Ja, wirklich gehasst und ich glaube das beruhte auf Gegenseitigkeit. Mir wurde dann später immer unterstellt, ich wäre eifersüchtig auf den Robert gewesen. Ich glaube aber, ich hätte den Kerl auch gehasst, wenn meine Mama überhaupt nicht dagewesen wäre. Im Laufe der Zeit wurde aus Mama und Robert ein Paar. hat aber nicht so sehr lange gehalten. Ich habe das daran gemerkt, dass Mama abends nicht mehr zum Robert, in dessen Zimmer ging. Ehrlich gesagt, hat mich, so wie ich es in Erinnerung habe, ziemlich wenig interessiert. So wie ich Robert gehasst habe, habe ich seinen Sohn Harry, bewundert und „geliebt wie einen Bruder“. Harry war 6 Jahre älter als ich und Harry konnte alles, Harry wusste alles und Harry hatte so einige Fähigkeiten, die sogar seine (unsere) Lehrer beeindruckten. Harry wusste alles über Autos, Motorräder und Motoren. Er hatte einen jungen Lehrer in der Volksschule, der ebenso begeisterter Motorfan war wie Harry. Es kam vor, dass der Lehrer fragte:“ Harry war das ein Viertakter?“ oder „was war das für eine Maschine?“ wenn draußen auf der „Provinzialstraße“ , später Bundesstraße, die gleichzeitig Dorfstraße war, ein Fahrzeug vorbeifuhr.
Alles was ich bis zum 18.Geburtstag über Motorräder oder Autos, wusste wusste ich von Harry. Er hat mir Motorrad fahren beigebracht auf einer alten 500 hunderter Vorkriegs NSU, mit Beiwagen, die seinem Vater gehörte. Wenn Robert und meine Mama Sonntags Nachmittags spazieren gingen, holte Harry das Motorrad aus der Garage und los gings. Auto fahren hat er mir auch beigebracht. Ich konnte mit 12 Jahren einen Hentschel Lastwagen fahren und später bin ich dann auch auf unserem Hof mit dem Magirus Deutz, von der Firma Figura & Bollmann rumgefahren. Ich konnte LKW´s fahren, bevor ich einen PKW gefahren hatte. Hört sich jetzt ziemlich nach Schwätzerei eines Flüchtlings an, ist es aber nicht

Auf so einem LKW habe ich Autofahren gelernt. Auf unserem Hof, und ab und zu Sonntags, wenn Harry mich mitnahm zur Tankstelle in Eckesey. Damals war gegenüber von Röttger noch eine Shell Tankstelle. Ich glaube Harry wollte ein bisschen angeben, dass sein „kleiner Bruder“ schon LKW fahren konnte. Denke ich heute. Gott sei Dank ist nie etwas passiert, obwohl ich mit meinen Kinderbeinen kaum die Kupplung oder Bremse treten konnte. Lenkhilfe gab es auch noch nicht. Ich war stolz wie Oskar. Wahrscheinlich hat das alles deswegen so gut funktioniert.

So ein Teil muss das damals gewesen sein. Nicht so schön lackiert, und ohne Typenschild auf dem Schutzblech, dafür aber mit Seitenwagen. Das Motorrad ist von Robert nicht verkauft worden und stand in den 2000 sender Jahren noch bei Harry auf dem Dickerköppchen im Keller. Was danach mit ihm passiert ist weiß ich nicht.
Wie gesagt, Harry konnte alles (habe ich damals zumindest gedacht) Er spielte Mundharmonika wie ein Profi und als ich ein Akkordeon bekam, spielte Harry darauf. Alle damals bekannten Schlager probierte er, korrigierte ein paar falsche Töne und spielte dann die Schlager ohne dass er Noten hatte .(kannte er überhaupt Noten ? ) Ich konnte trotz Akkordeon Unterricht von einem Musiklehrer, nur ein paar Schlager, und nur nach Noten.
Wenn ich jetzt sagen würde, alles was ich über Mädchen bis zu meinem 18. Geburtstag wusste, wusste ich von Harry. Das wäre gelogen. Auf diesem Gebiet hatten Wilfried und ich eigene Experimente und Erfahrungen gesammelt. Aber von Harry habe ich auch auf diesem Gebiet ne Menge gelernt. Längere Zeit war Liesel O. aus der Rehbecke seine feste Freundin. Sonntags bei gutem Wetter zogen die beiden los, oft eine Decke unterm Arm, um im Wald „Picknick“ zu machen. Dann brachte er seine spätere Frau „Irene“ mit nach Hause. Tolles Mädchen. Harry konnte mit beiden Händen ihre Taille umfassen. Von da ab waren wir weniger oft zusammen, und im Laufe der Jahre schwächte sich die Beziehung zwischen mir und Harry etwas ab. Aber Harry war immer etwas besonderes für mich. Ja, ich finde das heute auch ein bisschen übertrieben, aber Harry war für mich ein absolutes Vorbild. Wir haben so viel zusammen erlebt, eine schönere Jugend hätte ich mir gar nicht vorstellen können.
In der ers)ten Etage. Familie Karl. Die Mutter Friede, ich weiß nicht wie ihr richtiger Vorname war. Etwas griesgrämig unzufrieden, immer pico bello gekleidet. Die Tochter Mechthild stotterte, was mich heute überhaupt nicht wundert, wenn ich an ihre Mutter zurückdenke. Sie war aber sehr intelligent, wenn man Intelligenz nach Schulnoten beurteilt. Mechthild war 5-6 Jahre älter als Wilfried und ich, sie hat uns aber trotzdem akzeptiert, was anderes blieb ihr auch gar nicht, wenn sie überhaupt Freunde haben wollte. Christel, Doris, Gilla, oder Rolf, Karl-Ernst, Erika, oder Roland wollten nicht so richtig mit ihr befreundet sein. Warum weiß ich nicht. Wir haben jedenfalls Spaß gehabt.
Interessant aber war für mich der Vater Ferdinand, seine Alte rief ihn Ferdi. Herr Karl war von Beruf Schneider, und ob es einer glaubt oder nicht, er saß in seiner Schneider Werkstatt im Nebenhaus bei Piepenstocks, im Schneider Sitz auf seinem Schneider Tisch und nähte und nähte. Wie er sich die Miete für diesen Raum leisten konnte, ist mir heute ein Rätsel. Ich konnte immer zu ihm kommen . Er war selten schlecht gelaunt und hatte immer etwas lustiges zu erzählen. Aber wie das mit undankbaren Kindern so ist ziemlich oft stach mich der Hafer und ich ärgerte ihn auf verschiedenste Art und Weise. Aber er war nicht nachtragend und alles fing von vorne an.
Er putzt die Schuhe in der Keller Eingangstreppe zur Prioreierstr. 11. Es war zur Zeit Billeý Jenkins und Tom Prox (Heftchen). Natürlich hatten wir auch ein Lasso und Ferdi war ein dankbares Opfer zum Lasso werfen üben. Ging natürlich meistens daneben. Aber einmal hatte ich einen Volltreffer. Das Lasso landete präzise um seinen Hals. Naiv wie ich war, zog ich auch noch zu. Das war zu viel für Ferdi. Wahrscheinlich, oder vielleicht hatte er vorher auch noch Probleme mit seiner kratzbürstigen Friede gehabt. Ich hatte sofort den Ernst der Lage erkannt und rannt um mein Leben. Den Abhang hoch über unsere Wiese bis zum Grundstück der Baumanns. Ferdi war gehandikapt durch mein Lasso, und ich vermute sein dicker Bauch, bei seiner kleinen Körpergröße, war keine gute Voraussetzung für Bergauf Rennen. Jedenfalls gab er auf. Aber ich habe mich in den folgenden Tagen erst mal ganz vorsichtig an Ferdi rangetastet. Aber dann war alles wieder gut.
Ich weiß nicht warum, aber Ferdi hatte die Idee, er wollte eine kleine Elster aus dem Nest holen und sie als Haustier zu halten. In Piepenstocks Wäldchen nisteten seit Jahren Elstern. Wilfried und Ich waren zwar dabei, als Ferdi die „kleine“ aus dem Nest holte, aber ich weiß beim besten Willen nicht mehr, wie Ferdi da hochgekommen ist. Jedenfalls änderte sich jetzt alles bei Karls. Die Elster schiss überall hin. Egal, Tisch, Sessel, Sofa, überall war Scheiße. Fliegen lassen wollte weder Ferdi noch Friede ihre Errungenschaft. Alles wurde fein säuberlich mit Plastik Planen abgedeckt. Ich habe mich schon als Kind gefragt, wie man in so einer Umgebung leben kann. Und so vergingen die Jahre. Die blöde Elster war mal auf die heiße Herdplatte geflogen, aber seltsamerweise harre sie anschließend keine verbrannten Füße, sondern eine herrliche Glatze. Dort wuchsen keine Federn mehr bis zu ihrem Tode. Zwischendurch haben Wilfried und ich noch mal das Schicksal herausgefordert. Die Elster war mal wieder aus dem Oberlicht entkommen und wollte auf keinen Fall wieder zurück. Sie saß oben auf dem Dachfirst der Prioreierstr. und guckte nur blöd in der Gegend rum. Wilfried und ich hatten eine Luftbüchse, gemeinsam gebraucht erstanden. Wir haben das Teil geholt und auf die Elster angelegt. Wir wollten weder die Elster erschießen, noch wäre die Luftbüchse überhaupt in der Lage gewesen, die Elster vom Dach zu holen, selbst wenn wir getroffen hätten. Aber sowohl für Friede als auch für Ferdi war die Lage todernst. Denen war absolut nicht nach lachen zumute. Also sind wir geflüchtet und haben die Situation aus der Ferne beobachtet. Irgendwann war es die Elster leid und flog (vielleicht reumütig) auf Friedes ausgestrecktem Arm.

Im Erdgeschoss. Familie Kl. Nach dem Tod meiner Mutter und der sehr aufwendigen Entrümpelung ihrer Wohnung, hat Helmy die Wohnung an eine Familie mit Kindern vermietet. Helmy hat mir später gesagt, die Frau hätte ihr Leid getan. Wie meistens im Leben, fängt alles Schlimme erstmal langsam an. Wie wir dann erst langsam erfahren haben, stammte der Ehemann aus einer Stadtbekannten Sippe. Er führte nur Gelegenheitsarbeiten durch und war super Stolz darauf. Die Mutter war Kindergärtnerin und hatte mehrere Pfändungsverfa, hren „am Hals.“ Offensichtlich zog die Familie jedes mal um, wenn die Belastung zu groß wurde. Auch bei uns wurden die Spannungen immer größer. Viel Lärm, aber nicht von Kindern, sondern von dem Ehemann. Rotzfrech, wenn wir es wagten auf irgendwelche Missstände, die abgestellt werden sollten, hinzuweisen. Irgend wann entdeckte die „Dame“, dass im Garten ein Goldregen Busch stand. Wir wussten gar nicht, dass das Zeug so giftig war. Sie bestand darauf, dass der Busch wegen der Gefährdung ihrer Kinder unverzüglich entfernt werden müsste. Als wir immer stärker nach einem triftigen Kündigungsgrund suchten, kündigte die Frau von sich aus. In der Wohnung alles ziemlich vergammelt. Eine Menge Sachen, die sie nicht mehr haben wollten zur, einfach zurück gelassen. Der Keller voller Gerümpel und unglaublich viel „Spielsachen“. Sie hatten gar keine Wohnungsübergabe mit uns vereinbart, sondert waren einen schönen Tages einfach verschwunden. Die Nebenkosten Abrechnung ergab Forderungen von ein paar hundert €. Und der Abtransport des Mülls mehr als 1000 €. Die Arbeit, alles Zeug aus dem Haus auf den Hof zu schleppen, blieb alleine an mir hängen. Wir wussten im Anfang gar nicht, wohin sie verschwunden waren, haben das aber sehr schnell heraus bekommen.
Ich habe mich tierisch über dieses „Pack“ geärgert. und habe sie verklagt. Ich bekam vom Gericht einen pfändbaren Titel, der 30 Jahre lang pfändbar war. Zu pfänden war im Moment nichts. Der Lohn der Frau wurde schon im möglichen Bereich von anderen gepfändet. Unser Rechtsanwalt machte uns Mut, das Geld doch noch zu bekommen. Sobald irgendwie bekannt würde, dass gepfändet werden könnte, würde er zuschlagen. Wir haben ehrlicherweise nicht daran geglaubt. Aber wir haben im Laufe der nächsten Jahre immer mal einen kleineren Betrag vom Rechtsanwalt überwiesen bekommen und ungefähr nach zehn Jahren schrieb uns der Anwalt, dass die Frau Frau den Rest, samt sämtlicher Zinsen und Kosten an ihn überwiesen habe. Glück gehabt. Was uns vollkommen unverständlich war, dass eine Frau mit ihrer Biographie von der Stadt Hagen damit beauftragt wurde, Kinder zu erziehen???
Im Obergeschoss. Es muss irgendwann in den Neunzigern gewesen sein. Helmy hatte eine Wohnung im Dachgeschoß an einen Polen vermietet. So lange ich auch überlege, der Name ist mir bis jetzt nicht eingefallen. Er war so eine Art Profi Fußballer. Das heißt, er bekam von Westfalia Hagen einen monatlichen „Unterstützungsbetrag“, dafür, dass er für den Verein trainierte und immer zur Verfügung stand, wenn der Verein es für nötig hielt. Da er davon nicht leben konnte, arbeitete er bei einer Trockenbau Firma in Schalksmühle. Der Inhaber war ebenfalls Pole und hatte „unseren“ Polen so in etwa adoptiert. Der Pole war ein sehr hübscher / ja vermutlich sogar ein schöner Mann und wurde von allen Frauen angehimmelt, offen oder verdeckt. Ha,ha,ha. Er wusste das natürlich und stolzierte herum wie ein Hähnchen im Stall. Er besaß ein älteres, ziemlich Ps starkes Motorrad, mit dem er regelmäßig nach Hause in Polen fuhr. Die Wohnung wurde immer mehr zum Treffpunkt von Polen aller Altersklassen. Abends wurde es immer lauter. Im Sommer, bei offenem Fenster hörte man das laute Gerede bis in unser Haus, Prioreierstr. 11A. Ich bin dann eines Tages hochgegangen und habe an die Wohnungstür geklopft um mit dem ganzen Verein zu sprechen, dass das so nicht geht. Aber die dachten gar nicht daran die Tür zu öffnen. Ich habe dann gerufen, sie sollten die Tür aufmachen. Ich meine da waren ne Menge Polen drin, so ganz wohl war mir nicht, denn es hätte mir auch ohne weiteres ein paar blaue Augen einbringen können. Also habe ich laut und deutlich gedroht:“ Wenn in 10 Minuten hier nicht absolute Ruhe herrscht, rufe ich die Polizei.“ Ich war kaum wieder in unserem Haus, sahen wir, wie sich einer nach dem anderen „verkrümmelte.“
Es wurde dann ruhiger und „er“ fuhr dann mal wieder für ein paar Tage nach Hause. Eine Zeitlang später meldeten sich zwei Kriminalkommissare bei Helmy und fragten sie über „ihn“ aus. Aber nichts konkretes. Sie baten Helmy nur, „ihm“ nichts über den Besuch der Polizei zu berichten. Und dann, einige Tage später. Krimi auf dem Hof der Prioreierstr. 11.
Es kamen wieder die zwei Kriminalbeamten und klärten Helmy auf. „Er“ wird seit langer Zeit beobachtet, wegen Verdacht auf Handel mit Beräubungsmittel. Und jetzt soll der Zugriff auf ihn erfolgen. Die Polizei hat die Information, sein Telefon wurde abgehört, dass er heute in die Prioreierstr. kommt. Helmy wurde gebeten, die Wohnung nicht mehr zu verlassen. Und wie es der Teufel will, in dem Moment kam Gregor, hieß er Gregor, ich glaube ja, ist mir gerade wieder eingefallen, egal. Gregor kam sehr zügig auf den Hof gefahren, Gregor stieg ab und ging direkt auf unser Haus zu. Wahrscheinlich um sich bei Helmy zurück zu melden. Gleichzeitig war ein weiterer Polizei PKW auf den Hof gefahren.
Gregor guckte ein bißchen erstaunt, hatte dann aber blitzschnelle erkannt, dass es jetzt allerhöchste Zeit würde zu verschwinden. Er wurde dann an der Straßenseite des Hauses verhaftet. Gleichzeitig rannten zwei Polizisten, die nicht mitbekommen hatten, dass Gregor verhaftet worden war, den Eingang zu der Wohnung meiner Mutter hoch, warum weiß ich nicht. Meine Mutter war zu der Zeit bettlägerig und hat überhaupt nicht geschnallt, was in ihrer Wohnung gerade abging. Die Beiden liefen nur durch die Wohnung und kamen dann zusammen mit den anderen beiden Polizisten und Gregor in der Mitte, um die Hausecke.
Auf dem Hof knallte ein Polizist den armen Gregor sehr heftig auf die Haube des Polizeiwagens. Es knallte richtig laut, als der Kopf aufschlug. Zimperlich waren die nicht. Gregor wurde durchsucht, natürlich hatte er ein paar Tütchen in der Tasche aber am Motorrad fand die Polizei ein größeres „Päckchen“ Rauschmittel. Gregor wurde ins Auto verfrachtet und ab ging die Post. Inzwischen waren weitere Kriminalbeamte auf den Hof gekommen. Helmy wurde gebeten, immer noch nicht die Wohnung zu verlassen, da man nicht sicher war, ob noch irgendwelche Komplizen in der Wohnung waren. Aber wir hatten sowieso einen Logenplatz . Durch das große Küchenfenster konnten wir alles hautnah beobachten. Da ich schon immer ein etwas gestörtes Verhältnis zur Polizei hatte, habe ich mich im Hintergrund gehalten, um die ganze Aktion nicht zu gefährden.
Ein Polizist holte einen Helm aus dem Polizeiwagen, gut vorbereitet und fuhr mit Gregors Motorrad davon.
Als alle Polizei „abgezogen“ war, konnten wir dann zum ersten Mal in Gregors Wohnung. In der Tischplatte steckte ein Ziemlich großes Messer. Die Eingangstür war schon mal aufgebrochen worden und provisorisch repariert. Ein Stück Dachlatte mit Nägeln an den Türrahmen genagelt, hielt provisorisch das Schloss. Außer dem Messer auf dem Tisch und überall verstreut Brot und Essens Reste. Das war übelste Bunken Behausung. Das hört sich jetzt natürlich schon wieder ausländerfeindlich an, ist es aber nicht. Der Beweis dafür ist, dass Helmy die Wohnung ja überhaupt an einen Polen vermietet hat. Das teuerste an den angerichteten Schäden war übrigens das Wiederherstellen, des schönen alten Türrahmens durch einen Schreiner, der sehr gute Arbeit geleistet hat.
Es tauchte dann die Schwester Gregors auf. Eine sehr nette junge Frau, die eigentlich auch zu dem (eigentlich) sehr netten Gregor passte. Sie hat einige Kleinigkeiten, die Gregor gehörten, mitgenommen. Die Kosten für die Entrümpelung der Wohnung ihres Bruders wollte sie allerdings auch nicht übernehmen. Das hat übrigens dann der „Adoptivvater“ von Gregor erstaunlicherweise übernommen, der polnische Trockenbau Unternehmer aus Schalksmühle. Wenn ich da richtig in Erinnerung habe, ein Betrag zwischen 700 und 800 DM.





Die Prioreierstr. 11, hieß damals Niederkattwinkel 67 1/2, und wurde gebaut von meinem Urgroßvater Johann Keil und meiner Urgroßmutter Luise Keil.



Luise hat in großem Maß das Leben in der Prioreierstr. bestimmt. Die Wohnung ist zum Teil umgebaut worden. Die Aufgangstreppe wurde durch eine „Auffahrt“ ersetzt, sodass sie mit ihrem Rollstuhl bis in die Wohnung fahren konnte.
Wenn ich Probleme hatte, bin ich meistens nicht zu meiner Mama gegangen, sondern zu Tante Ise. Als kleiner Saujunge habe ich sie natürlich auch des öfteren zur Weißglut gebracht. Dann nutze Tante Ise Ihre Krücke als Schlagstock. Ich mußte dann höllisch aufpassen. Aber verletzt hätte sie mich niemals.



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